Blog der Rechtsanwältin Pirko Silke Lehmitz Rechtsnews von Rechtsanwältin Lehmitz

30.12.2012

Eine kurze Fahrt im Polizeiwagen kann einem Minderjährigen 71,50 € kosten

Filed under: Für Eltern,Verwaltungsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 18:04

Zwei Polizeibeamte sprachen zwei Jugendliche an, die sich auf der Straße mit einer Kiste Bier befanden. Der Blutalkoholtest  des einen Jugendlichen betrug 1,02 g ‰. Die Polizeibeamten fuhren diesen polizeiwagen.pngdaraufhin mit ihrem Einsatzfahrzeug zur circa 500 Meter entfernten Polizeistation, um ihn dort an die Erziehungsberechtigten zu übergeben. Der Vater erklärte jedoch, er hole ihn nicht ab und die Mutter meinte, es sei doch nicht so schlimm, wenn ihr 16 jähriger Sohn ein paar Biere trinke. Nach Einschaltung des Jugendamtes holten sie ihn dann doch schließlich ab.

Damit war die Angelegenheit aber nicht beendet. Es erfolgte ein Gebührenbescheid in Höhe von 71,50 Euro gegen den Jugendlichen. In diesem wurde der Einsatz zweier Polizeibeamter für eine Dauer von weniger als 30 Minuten sowie eines Streifenwagens berechnet. Begründet wurde dies mit § 18 des Niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Nds. SOG), nach der eine Person in Gewahrsam genommen werden könne, wenn dies zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib und Leben erforderlich sei.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig bestätigte den Gebührenbescheid in seinem  Urteil vom 08.08.2012, 5 A 166/10.

© Pirko Silke Lehmitz

7.12.2012

kostenpflichtiges Branchenverzeichnis: Wann Sie nach einem Urteil des BGH nicht zahlen müssen

Filed under: Vertragsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 21:30

Vertragsrecht: Vertrag über ein kostenpflichtiges Branchenverzeichnis

gewerbe-auskunft-zentralede-001.pngWer kennt das nicht als Unternehmer:

Man bekommt ein Formular zugeschickt, welches amtlich aussieht und mit „Gewerbedatenbank“ oder ähnlich überschrieben ist. Dann wird man aufgefordert, die bereits ausgefüllten Daten zu kontrollieren und wieder zurück zu schicken. Was erst auf den zweiten oder dritten Blick ersichtlich wird ist, dass man damit einen kostenpflichtigen Zweijahresvertrag zum Abschluss einer Aufnahme in eine Datenbank abgeschlossen hat.

Dem hat jetzt endlich der BGH in seinem Urteil vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11  einen Riegel vorgeschoben:

„Wird eine Leistung (hier: Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet) in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten, so wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Entgeltklausel unwirksam ist und somit der Verwender keine Zahlung verlangen kann.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

27.5.2012

Warum verstößt das Motiv „beim Bund ist alles doof“ nicht gegen das Urheberrecht, aber das Motiv „Mit Dir ist alles toll“ wurde verboten?

Filed under: Urheberrecht,Wettbewerbsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 20:16

Urheberrecht, Wettbewerbsrecht: Beide Motive sind natürlich an das Thema „Ohne Dohne.pngich ist alles doof“ nachempfunden. Der Unterschied ist aber ganz einfach, das Motiv „Bund“ wird nicht gewerblich genutzt, sondern stellt eine politische Meinungsäußerung dar. Daher steht es nicht im geschäftlichen Wettbewerb und kann weder gegen Markenrecht noch gegen Wettbewerbsrecht verstoßen.

Zu prüfen hatte das OLG Hamburg lediglich, ob es gegen das Urheberrecht von Sheepworld verletzt. Das OLG stellte einen ausreichenden Unterbeimbund.pngschied zu den von Sheepworld herausgegeben Schäfchen-Motiven fest. Das von der Linksjugend veröffentlichte Motiv sei eindeutig als Parodie und nicht als Plagiat zu interpretieren. Das OLG Hamburg vertritt die Auffassung, das Motiv „Beim Bund ist alles doof!“, auf dem statt einem Schaf als Soldat ein uniformiertes Schwein dargestellt ist, sei ein eigenes Werk mit großem schöpferischen Eigenanteil, das eine eigene politische Meinung zum Ausdruck bringe. Es wurde nichts einfach kopiert: Alle Bilder sind eigene Schöpfungen, das Schaf wurde ein Schwein und auch die Texte sind anders. Hier wurde quasi nur die Idee übernommen und diese ist urheberrechtlich nicht schützbar.

Aber warum wurde dann das Motiv bei „Mit Dir ist alles toll“ verboten? Dieses Motiv wurde im Gegensatz dazu gewerblich genutzt, d.h. es wurde z.B. auf  Bettwäsche gedruckt, die sodann verkauft wurde.mitdir.png

Die Nachahmer haben gegen die Vorschriften des § 4 Nr. 9a und 9b UWG verstoßen, da sie ein konkretes Leistungsergebnis  von Sheepworld, das wettbewerbliche Eigenart besitzt, nachgeahmt und auf dem Markt angeboten und hierbei besondere Unlauterkeitsmerkmale verwirklicht haben.
Das OLG Hamburg (Urteil vom 21.9. 2011, Az. 5 U 164/08) argumentierte, die graphische Gestaltung von Sheepworld sei von hoher Eigentümlichkeit sowohl nach ihrer Idee wie auch nach ihrer darstellerischen Umsetzung. Es handle sich um eine gekonnte und komplexe Kombination verschiedener figürlicher Elemente mit knappen, treffenden verbalen Zuschreibungen.
Dieses Leistungsergebnis hat die Gegenseite nachgeahmt. Bei den mit der „Igel“-Darstellung bedruckten Kissen und Bettbezügen handelt es sich um nachschaffende Übernahme von Leistungsergebnissen. Diese liege vor, wenn die fremde Leistung nicht unmittelbar oder fast identisch übernommen, sondern lediglich als Vorbild benutzt und nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt werde und somit eine bloße Annäherung an das Originalprodukt vorliege. Entscheidend sei, ob die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweise oder sich deutlich davon absetze. Das OLG vertrat die Ansicht, die Gemeinsamkeit der beiden Darstellungen liege in der identischen Übernahme aller Grundideen und Gestaltungsprinzipien, die die Darstellung prägen, wobei lediglich die inhaltlichen Aussagen jeweils quasi spiegelbildlich „umgedreht“ worden seien.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

20.5.2012

Die Rechtslage bei Facebook-Party oder Flashmob

Filed under: Haftungsrecht,Internetrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 13:58

flshmob.pngInternetrecht: Vor ein paar Tagen fand auch hier in Buchholz, genauer gesagt am Himmelfahrtstag auf dem Brunsberg ein sogenannter Flashmob statt. Das Nordheide Wochenblatt (19.5.2012 S. 5) titelte hierzu „Flashmob auf dem Brunsberg – Nach Facebook-Aufruf haben hunderte Jugendliche in Buchholzer Naturschutzgebiet Vatertag gefeiert.“ Es berichtete dass das Naturschutzgebiet großflächig mit achtlos weggeworfenem Müll verunreinigt sei.

Der Begriff Flashmob (englisch: Flash mob; flash = Blitz; mob [von mobilis beweglich] = aufgewiegelte Volksmenge, Pöbel) bezeichnet einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei denen sich die Teilnehmer persönlich nicht kennen und ungewöhnliche Dinge tun (Quelle Wikipedia).
Die Frage ist natürlich wer muss die Beseitigung des Mülls bezahlen und wer haftet bei sogenannten Facebook-Party für dadurch entstandene Schäden.
Sofern fremdes Eigentum verletzt wird, haben die Eigentümer in der Regel einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Einladenden aus § 823 BGB.
Wenn die Party so ausufert, dass die Störungen durch Lärm, Müll oder Ausschreitungen auch außerhalb dieses Grundstücks auftreten oder die Veranstaltung auf öffentlichen Grund stattfindet, so kann im Einzelfall ein Kostenerstattungsanspruch der Gemeinde, Polizei gegenüber dem Einladenden bestehen. Der Einladende ist als sogenannter Zweckveranlasser haftbar.
Zweckveranlasser ist derjenige, der selbst eine Handlung vornimmt, die an sich rechtmäßig ist und selbst keine Gefahr hervorruft, die aber in zurechenbarer Weise Dritte zur Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung veranlasst. Möglichst viele Menschen zu veranlassen, an der Party teilzunehmen, ist in der Regel genau das Ziel der öffentlichen Einladungen. Insoweit bestünde auch die Haftung als Zweckveranlasser.
Aufgrund der Presseberichte dürfte auch jeder Facebook-Nutzer inzwischen wissen, dass sich seine Einladung nach dem Schneeballprinzip verbreitet und die Party möglicherweise ausufert. Die Folge ist, die Gefahr von Ausschreitungen, Müllbergen und übermäßiger Lärmbelästigung.

Aus rechtlicher Sicht kann ich jedem nur abraten einen solchen Flashmob oder zur öffentlichen Facebook-Party einzuladen.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

17.5.2012

Mit Softairwaffen durch den Wald…

Filed under: Für Eltern — Rechtsanwältin Lehmitz @ 16:50

Heute las ich im Nordheide Wochenblatt, dass die Polizei durch einen Jagdberechtigten den Hinweis erhielt, in der Feldmark spielen drei Jugendliche mit Waffen. Die Polizeibeamten trasoftairpolizei.jpgfen auf drei 15,17 und 18 Jahre alte Jugendliche, die in Tarnanzügen in einer Schonung „Krieg“ gespielt hätten. Sie führten hierbei Originalnachbildungen von Maschinenpistolen und Pistolen mit sich. Bei den absolut echt wirkenden Waffen habe es sich um Softairwaffen, die ohne Munition geführt wurden, gehandelt.
Manche Eltern ahnen gar nicht, dass es nicht nur für die Jugendlichen gefährlich ist, wenn Polizisten diese mit den Waffen sehen und womöglich schießen, sondern auch das Führen dieser Waffen in der Öffentlichkeit – auch für Erwachsene – verboten ist.
Softairwaffen verschießen mittels Federdruck, Gas oder einem elektronisch betriebenen Druckluftsystem Plastik- oder Metallkugeln. Meist sind Airsoftwaffen Nachbildungen von echten Schusswaffen und, ebenso wie Modellwaffen, kaum von diesen zu unterscheiden. Gemäß § 42a WaffenG  ist das Führen von Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit verboten und kann § 53 WaffenG mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. Also auch wenn diese Waffen ab 18 Jahre frei verkäuflich sind, heißt das noch lange nicht, dass man damit im Wald herumballern oder auch nur sie ungeladen zum „Spielen“ verwenden darf. Eltern sollten sie auf keinen Fall ihren Kindern überlassen.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

16.5.2012

Keine Nutzungsausfallentschädigung für einen Oldtimer nach Beschädigung

Filed under: Haftungsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 20:33

Ein  Liebhaber von Oldtimern wollte die Sommermonate („Oldtimer-Saison“) nutzen, um mit seinem Oldtimer Fahrten zu unternehmen. Ein Unfall hinderte ihn jedoch dmercedes.jpgaran. Er verlangte für die Zeit des Ausfalls eine Nutzungsentschädigung, die bei Nichtoldtimer kein Problem darstellt.

Das OLG Karlsruhe, Urt. vom 27.10.2011 – 9 U 29/11, bestätigte ihm zwar, dass ihm durchaus ein erheblicher Nachteil entstanden sei, weil er im Sommer 2009 nicht mit seinem Mercedes Benz 300 SL fahren konnte. Da es sich dabei allerdings nicht um einen Vermögensnachteil handle, sondern um eine immaterielle Beeinträchtigung, sei dies jedoch grundsätzlich nicht ersatzfähig. Es begründete seien Entscheidung damit, dass der Ersatz eines Nutzungsausfallschadens bei einem Kraftfahrzeug voraussetze, dass die Nutzung des Fahrzeugs für den Eigentümer wirtschaftliche Gründe habe und dass die Verfügbarkeit des Fahrzeugs als wirtschaftlicher Vorteil angesehen werden könne.  Es komme darauf an, dass das beschädigte Kraftfahrzeug eine Bedeutung für die eigenwirtschaftliche Lebensführung des Berechtigten habe. Dies sei nur gegeben, wenn ein Fahrzeug als normales Verkehrs- und Beförderungsmittel genutzt werde und der Geschädigte eine fühlbare Beeinträchtigung erleidet, weil er im Alltag beispielsweise auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen müsse.

Die Nutzung eines wertvollen Oldtimers sei dagegen vielmehr ein (meist kostspieliges) Hobby bzw. eine Liebhaberei und daher stehe dem Eigentümer kein Nutzungsausfall zu.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

4.5.2012

Auch für ein Fahrrad muss eine Nutzungsentschädigung gewährt werden, wenn es bei einem Unfall beschädigt wird und man darauf angewiesen ist

Filed under: Haftungsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 19:18

Für difahrrad-2.JPGe Ersatzpflicht verlangt das LG Lübeck (Urt. v. 08.07.2011 – 1 S 16/11)  eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung. Ein Nutzungsausfall sei dann als ein zu ersetzender Vermögensschaden anzusehen, wenn es sich um einen Gegenstand handelt, auf dessen ständige Verfügbarkeit der Berechtigte für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen sei. Dies liege vor, wenn Fahrräder etwa regelmäßig für den Weg zur Arbeit genutzt werden. Ein Grund, der es rechtfertigen würde, denjenigen, der ein  Pkw benutze anders zu behandeln als denjenigen, der ein Fahrrad verwende, bestehe nicht.

Der Kläger konnte die Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum verlangen, in dem er auf das Fahrrad verzichten musste, das heißt für die Zeit nach dem Unfall bis zur Erstellung des Kostenvoranschlags sowie von der Bestellung bis zur Lieferung des gleichwertigen Ersatzfahrrades.

Eine Tabelle o. ä. für die Berechnung eines Nutzungsausfallschadens bei Fahrrädern existiert nicht. Daher wurden ausnahmsweise als Grundlage für eine Schätzung die Mietkosten für ein vergleichbares Fahrrad herangezogen, die allerdings um den geschätzten Gewinn des Vermieters in Höhe von 40% zu kürzen war.

© Pirko Silke Lehmitz

21.4.2012

Keine Fahrtkostenerstattung bei Nichterscheinen des Bewerbers zum Vorstellungstermin

Filed under: Arbeitsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 15:17

kreuzung-kopie.JPGArbeitsrecht: Der Kläger, der sich auf ein Stellenangebot der Beklagten beworben hatte, wurde in ihrem Hause zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Hierzu war ihm von der Beklagten eine Anfahrtskizze übermittelt worden.
Am Vorstellungstag meldete sich der Kläger kurz vor dem Termin telefonisch bei der Beklagten und teilte ihr mit, dass er ihre Adresse nicht finden könne und nahm seine Bewerbung zurück.
Das Landesarbeitsreicht Mainz verweigerte dem Kläger in seinem Urteil vom 07.02.2012 Az. 3 Sa 540/11 die Erstattung von Fahrtkosten. Grundsätzlich habe zwar ein Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer zur Vorstellung aufgefordert hat, ihm in aller Regel alle Aufwendungen gemäß §§ 670, 662 BGB ersetzen, die der Bewerber den Umständen nach für erforderlich halten durfte (z. B. Fahrtkosten), vorliegend bestehe bereits deshalb kein Aufwendungsersatzanspruch, weil der Kläger den ihm erteilten Auftrag zur Teilnahme an dem vereinbarten Vorstellungsgespräch nicht ordnungsgemäß erfüllt habe.
Der Kläger sei unstreitig zu dem verabredeten Vorstellungstermin im Hause der Beklagten nicht erschienen und habe unstreitig seine Bewerbung zurückgenommen, so dass kein Vorstellungsgespräch mehr stattgefunden habe.
Zur ordnungsgemäßen Erfüllung des ihm von Seiten der Beklagten erteilten Auftrags zur Teilnahme an dem Vorstellungsgespräch hätte der Kläger zum verabredeten Vorstellungstermin pünktlich erscheinen müssen. Dieser Weisung ist der Kläger unstreitig nicht nachgekommen. Das Risiko, dass er trotz einer ihm übermittelten Anfahrtskizze und Einsatz seines Navigationsgeräts die Adresse der Beklagten nicht rechtzeitig findet, habe er selbst zu tragen.

Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

13.4.2012

Und man muss für eine Kündigung dem Fitnessstudio doch nicht die Krankheit nennen!

Filed under: Vertragsrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 21:21

Nunmehr hat der  BGH in seiner Entscheidung vom 8.2.2012 (AZ XII ZR 42/10) bestätigt, dass das Interesse eines Fitnessstudios, sich vor unberechtigten Kündigungen zu schützen, es nicht rechtfertige, von seinen Kunden Angaben über die konkrete Art der Erkrankung zu verlangen. Denn grundsätzlich könne den Angaben eines Arztes in einem Attest Glauben geschenkt werden. Außerdem sei das Fitnessstudio seinerseits nicht gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet und der Kunde könne sich daher nicht darauf verlassen, dass seine Angaben vertraulich behandelt und nicht an andere weitergegeben werden.
Ausreichend sei die Vorlage eines ärztlichen Attestes, aus dem sich ergibt, dass eine sportliche Tätigkeit des Kunden nicht mehr möglich ist.

Für meine Mandantin (siehe Fitnessstudio), die vor dem Amtsgericht Tostedt von Sportland verklagte wurde, allerdings zu spät. 🙁
© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

8.4.2012

Auf Filesharingprogramme müssen Eltern den PC ihrer Kinder mindestens einmal im Monat überprüfen

Filed under: Haftungsrecht,Internetrecht — Rechtsanwältin Lehmitz @ 19:44

Internetrecht, Haftungsrecht, Filesharing: Auf dem PC ihres damals 13-jährigen Sohnes befand sich neben dem Programmsymbol der Filesharingsoftware „Bearshare“ die Filesharingsoftware „Morpheus“ sowie Ordner mit Musik.
Die Eltern wufilesharing.pngrden verurteilt, im Hinblick auf die Zugänglichmachung von 15 bestimmten Musiktiteln Schadensersatz in unterschiedlicher Höhe von insgesamt 3.000,00 € zu leisten sowie Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 € wegen Filesharing zu erstatten.
Das OLG Köln vertrag die Ansicht, dass die Eltern die aus § 832 Abs. 1 BGB resultierende Aufsichtspflicht gegenüber ihrem damals minderjährigen Sohn verletzt haben. Sie haben deswegen den durch die Verletzungshandlung entstandenen Schaden zu ersetzen.
Bei der Bemessung des Umfangs der bestehenden Aufsichts- und Kontrollpflichten sei zu berücksichtigen, dass sich der Sohn der Beklagten damals mit 13 Jahren in einem Alter befand, in dem er mit den Möglichkeiten – aber auch den Gefahren – des Internets vertraut gemacht werden konnte und sollte. Das schloss es insbesondere ein, ihm zu gestatten, das Internet auch ohne persönliche Anwesenheit eines der Beklagten zu nutzen, solange hinreichende Verhaltensregeln aufgestellt waren und Kontrollen zu deren Einhaltung durchgeführt wurden.
Auf der Grundlage des Vortrages der Eltern liege es nahe, dass diese den zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der vorgegebenen Verhaltensregeln nachgekommen seien. Danach sei dem Sohn ein gebrauchter PC mit den Standardprogrammen von Microsoft-Office überlassen worden. Weiter sei sowohl eine Windows-XP-Firewall als auch ein Securityprogramm installiert gewesen, das – seinerseits gesichert durch ein Administratorpasswort – bezüglich der Installation weiterer Programme auf „keine Zulassung“ gestellt war. Weiter soll der PC des Sohnes monatlich von dem Vater überprüft worden sein. Durch diese Maßnahmen, die schon durch ihre bloße Existenz dem damals 13-jährigen Jungen klargemacht haben müssen, dass ihm das Herunterladen anderer Programme nicht erlaubt war, und dieses auch zumindest erschwert haben, dürften die Eltern den zu stellenden Anforderungen im Ausgangspunkt nachgekommen sein.
Nach Auffassung der Richter seien sie gleichwohl nicht entlastet, weil sie tatsächlich die von ihnen im Einzelnen dargestellten Maßnahmen nicht hinreichend umgesetzt hätten. Nach ihrem Vortrag sei zwar eine Firewall installiert worden, konnte aber ihr 13-jähriger Sohn, der schon eine Zeit zuvor, nämlich zu seinem 12. Geburtstag, den PC überlassen erhalten hatte, unter Umgehung dieser Sicherungsmaßnahme die beiden erwähnten Filesharingprogramme installieren. Danach könne die Schutzmaßnahme bereits nicht sachgerecht aufgespielt gewesen sein. Weiter wolle der Vater bei den vorgetragenen monatlichen stichpunktartigen Kontrollen – auch in der Übersicht im Internetverlaufsordner – die beiden Filesharingprogramme auf der Festplatte des PC seines Sohnes nicht entdeckt haben. Die Kontrolle des Internetverlaufs erschien dem Senat schon deshalb nicht ausreichend, weil auch einzelne der aufgerufenen Seiten aus dem „Verlauf“ wieder heraus gelöscht werden können. Zudem sei es nur Funktion jener Übersicht über den Internetverlauf, darzustellen, welche Seiten mit Hilfe des Browsers (wie z. B. Internet Explorer oder Firefox) aufgerufen worden seien. Die Kontrolle des Verlaufes hätte höchstens zutage fördern können, dass zum Download der Tauschbörsenprogramme „Bearshare“ oder „Morpheus“ bestimmte Internetseiten aufgesucht worden waren, da die spätere Teilnahme am peer-to-Peer-Netzwerk nicht über den Browser, sondern über den jeweils installierten Software-Client des Filesharing-Programmes erfolge.
Eine Kontrolle der auf dem Rechner des Sohnes installierten Programme wäre aber über die Windows-Systemsteuerung möglich gewesen, die unter anderem eine Übersicht über die auf dem Rechner vorhandene Software bietet. Vorliegend hätte sogar schon eine bloße Kontrolle des Desktops genügt, auf dem die jeweiligen Icons der beiden Filesharingprogramme abgelegt waren. Nachdem die Programme eingestandenermaßen spätestens Anfang Oktober 2006 bereits installiert worden waren, hätte dies dem Vater  vor dem Herunterladen der hier streitgegenständlichen 15 Dateien durch seinen Sohn im Januar 2007 bei den monatlichen Kontrollen – sei es des Desktops oder der Softwareliste – auffallen müssen. Das Nichtauffinden beider seit Herbst 2006 installierter Tauschbörsenprogramme ist ein deutliches Indiz dafür, dass – worauf bereits das Landgericht zutreffend abgestellt hat – die angeblichen Kontrollmaßnahmen nicht zuverlässig durchgeführt worden sein können.

© Pirko Silke Lehmitz
www.rainlehmitz.de

Older Posts »

Powered by WordPress